Die Buchhaltung ist das Rückgrat eines jeden Unternehmens
Der Handel lebt von der Handelsspanne. Händler kaufen ein und verkaufen. Dazwischen liegt die Marge, der Gewinn – ein ganz einfaches Prinzip, sollte man meinen.
Durch einen geschickten Einkauf wird das Geld verdient. Es wird gefeilscht und am Preis gedrückt!
Allerdings oft nur beim ersten „Listen“ eines neuen Lieferanten. Im Laufe der Zeit und in einer bestehenden Lieferantenbeziehung werden Konditionen nicht mehr permanent verglichen und Alternativen nicht wirklich abgewogen.
Wer will es dem Händler verdenken, er hat schließlich genug zu tun: Er muss das Sortiment im Auge behalten, unrentable Produkte aus dem Sortiment nehmen, neue Produkte finden und listen, Messen besuchen, Verkaufszahlen analysieren und vieles mehr. Was kommt dabei heraus? Fast 90% der Händler haben ihren Einkauf nicht wirklich im Griff!
Den Verkauf bestimmt der Markt. Angebot und Nachfrage bestimmen dem geltenden Marktgesetz nach den Preis. Ist ein Produkt sehr gefragt und herrscht „Mangel“ an genau diesem Produkt, steigt der Preis. Aber wo ist das wirklich noch so? Annähernd nirgendwo, außer vielleicht bei Gold und Edelmetallen oder anderen wichtigen Rohstoffen, die aber nicht unbedingt typisch für den Online-Handel sind.
Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen
Zwischen Einkauf und Verkauf passiert im Handel viel. Die Praxis zeigt, dass genau hier die größten Probleme für den Händler liegen. Weder der Einkauf noch der Verkauf ist so komplex wie alles, was sich dazwischen abspielt und leider das größte Stiefkind vieler Händler ist.
Versand und Retouren – das sind noch Themen, mit denen sich der Händler beschäftigt. Aber Unternehmensplanung, Unternehmensführung, Mitarbeiterentwicklung, Kostenanalyse, Controlling, Strategische Weiterentwicklung, Wettbewerbsbeobachtung, Trendanalyse, das alles sind Fremdworte für viele Händler. Für die meisten sind es vor allem aber Bereiche, mit denen man sich nicht gerne beschäftigt, und in jedem Fall sind es Themen, die man nicht mal eben nebenbei abhandeln kann.
Selbstverständlich ist der Wettbewerb hart und die Preise verfallen. Das Tagesgeschäft frisst einen auf, und deshalb verharren viele allzu sehr im operativen, tagtäglichen Geschäft. Die wenigsten Unternehmen werden wirklich strategisch geführt und an Zielen ausgerichtet.
Der Narziss im Händler
Online-Händler schauen als erstes auf den eigenen Shop. Verleitet durch allerhand schöne Auswertungen schaut der Händler viel zu oft und viel zu gerne auf die eigenen Zahlen: Analysetools zeigen in höchster Auflösung, was Bestandskunden, potentielle und verlorene Kunden in ihren Warenkorb gelegt und zu welcher Zeit sie was auf welcher Seite im Shop gemacht haben. Vor lauter Channel-Monitoring und vermeintlich einfachen Werbemöglichkeiten vergessen die meisten, wie teuer Werbung wirklich ist.
Es ist mittlerweile recht einfach, mit ein paar Mausklicks das gesamte Sortiment auf Amazon, eBay, den eigenen Shop und einer Vielzahl von Preissuchmaschinen zu bringen und entsprechend anzubieten. Hilfreiche „Agenten“ bieten automatisch den Preis nach unten und befeuern den Preiskampf. Ebenso hilfreiche „Agenten“ optimieren die Seite und die Texte und „kaufen“ Klick für Klick die Nutzer von Suchmaschinen oder Preissuchmaschinen ein. Die vermeintlich simplen Prozesse und die ganze Click-Mentalität „verführen“ den Händler. Er schaut nicht mehr genau hin, was der einzelne Kanal kostet, geschweige denn der einzelne Kunde. Schnell verzerrt sich das Bild und es wird viel Umsatz „eingekauft“, aber unter dem Strich bleibt kaum etwas übrig.
Alle Zahlen laufen in der Buchhaltung zusammen
In den Artikeln „Umsatz ist nichts ohne Rendite“ und „Praxisbeispiel: Erfolgsbewertung der Marketing- und Absatzkanäle“ werden probate Wege aufgezeigt, mit vorhandenen Bordmitteln aus der Shop Software ein weitestgehend aussagekräftiges Marketing-Controlling aufzubauen.
Der Nachteil dieser verkürzten Auswertungen ist, dass bei den direkten Kosten teilweise mit kalkulatorischen Größen gearbeitet wird und bspw. Personalkosten nicht kostenfein zugeordnet werden. Die Aussagekraft bleibt also erzwungenermaßen ungenau und es kann leicht zu einer verzerrten Wahrnehmung, zu einer gefährlichen Falscheinschätzung in Bezug auf die Profitabilität und letztlich zu den Kosten kommen.
Dabei liegen alle notwendigen Zahlen für ein genaues Controlling im Unternehmen bereits vor – konkret in der Buchhaltung. Dort laufen alle Bewegungen des Online-Shops in eine Buchung auf. Diese können bspw. den Marketing- und Vertriebskanälen sauber zugeordnet und Kosten können verursachungsgerecht aufgeschlüsselt werden.
Die Kostenstellenrechnung – geringer Mehraufwand, immenser Zusatznutzen
Angenommen, der Händler betreibt zwei Shops und verkauft über einen Marktplatz und möchte nicht nur den Umsatz, Wareneinsatz und Rohertrag sichtbar machen, sondern auch die entstehenden Kosten (Löhne im Lager und der Verwaltung, Programmierkosten, Gebühren für Preissuchmaschinen, Provisionen für Affiliates etc.) dem jeweiligen Absatzkanal zuordnen.
Bei der Kostenstellenrechnung wird jede Buchung um eine Kostenstelle ergänzt, um die Profitabilitäten (Min-Erfolgsrechnung, Mini-BWA je Geschäftsgebiet) sichtbar zu machen. Das bedeutet eigentlich nur, dass bei jeder Buchung eine weitere Nummer eingegeben werden muss. Es geht um eine bis sechs Stellen. Dies klingt aufwendiger als es ist. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die meisten Buchhalterinnen und Buchhalter blind den Nummernblock bedienen können. Der Mehraufwand lässt sich, selbst in größeren Unternehmen mit siebenstelligem Umsatz, auf wenige Stunden im Monat reduzieren.
Jede Buchhaltungssoftware (DATEV, Agenda, Sage, etc.) kann Kostenstellenrechnung. Die Auswertungen sind einfach, gut lesbar und können mit Excel, auch vom Steuerberater, gut weiterbearbeitet werden.
Alternative: Unterkonten
Wem die Kostenstellenrechnung im ersten Schritt zu aufwendig oder komplex erscheint, kann alternativ auch mit Unterkonten arbeiten.
Die gebräuchlichsten DATEV Standardkontenrahmen (SKR) 03 und 04, die im Wesentlichen von allen Buchhaltern angewandt werden, bringen bereits alle Voraussetzungen für die Verbuchung in Unterkonten mit.
Ein einfaches Beispiel: Alle Umsätze werden auf das Konto 4400 gebucht. Dieser Umsatz kann jedoch auch auf Konten verteilt werden. Es kann also 4401 für eBay-Umsätze stehen, 4402 für Amazon-Umsätze, 4403 für Shop-Umsätze. Eine ebensolche Aufteilung kann auch für einzelne Waren erfolgen. Daraus ergibt sich eine Erfolgsrechnung für den Rohertrag je Kanal. Der Mehraufwand für die Buchhaltung geht gegen Null. Der Verbuchende gibt vier Ziffern ein – das war‘s. Ergebnis für den Unternehmer – Umsatz und Rohertrag nach Kanal, monatlich ohne Mehraufwand. Bei den Kosten kann bis zu einem gewissen Grad ebenso verfahren werden.
Soweit kann dies zwar auch ein modernes und leistungsfähiges Shopsystem leisten. Doch der Banker bspw. hätte aber eben gerne die BWA und nicht die Auswertung aus dem Shopsystem, und ein Vier-Augenprinzip schadet nicht, zumal wenn diese Information nichts extra kostet.
Die BWA am Monatsende – hilfreich oder ein Gräuel?
Die BWA, die betriebswirtschaftliche Auswertung – jeder Unternehmer weiß, dass es sie gibt und dass man sie braucht. Alle wirtschaftlichen Bewegungen werden irgendwie mit Buchhaltungskonten verknüpft, und am Ende taucht eine BWA auf. Die ist meist pünktlich am Monatsende verfügbar, wenn Buchhaltung und Steuerberater alles richtig gemacht haben. Aber was ist daraus zu lesen, was ist überhaupt wichtig und wer will die sehen?
Mehr oder weniger freiwillig schickt man sie eigentlich nur dem Banker, und selbst das meist nur auf Nachfrage, zum Beispiel vor oder während einer Kreditverhandlung, zur Ausweitung der Kontokorrentlinie, fürs Leasing oder für eine kurzfristige Warenkreditfinanzierung. Ansonsten fristet die BWA oft ein wirklich unterschätztes Dasein. Im schlimmsten Fall muss man sich auch noch über die damit verbundenen, vermeintlich viel zu hohen Kosten ärgern.
Die BWA als Instrument einer nachhaltigen Unternehmensführung
Die betriebswirtschaftliche Auswertung oder kurzfristige Erfolgsrechnung ist das Instrument zum Aufbau einer nachhaltigen Unternehmensführung. Es ist die höchste Aggregationsstufe der Finanz- und Lohnbuchhaltung, die wir am Monatsende zur Verfügung haben. Sämtliche Geschäftsvorfälle im Unternehmen werden hier zusammengefasst, in Zahlen ausgedrückt und standardisiert wiedergebeben.
Wie entsteht diese BWA? Die interne Buchhaltungsabteilung oder das externe Steuerbüro buchen jeden Beleg. Dabei erfassen sie sämtliche im Unternehmen in wirtschaftlichem (unternehmerischem) Rahmen erzeugten Belege und verbuchen sie auf einem bestimmten Konto. Dazu gehören Eingangsrechnungen, Mieten, Löhne, Amazon, PayPal-Gebühren, AdWords-Abrechnungen, SEO-Agentur, Wareneinkauf, Ausgangsrechnungen (Umsatz), Retouren, Zinsen, Portorückerstattung und weitere Posten.
Die BWA kann aus der Finanz- und Lohnbuchhaltung sehr klare Informationen gewinnen, die dem Unternehmer eine deutliche Hilfestellung zur Betriebssteuerung geben. Eine optimierte Kontennutzung in Verbindung mit einer Kostenstellenrechnung (Betriebsabrechnungsbogen) kann zu einem umfangreichen, exakten und kostengünstigen Controlling-Instrument werden. Wer ambitioniert ist, kann hier auch noch die mitgelieferte Unternehmensplanung hinzunehmen.
Wer ein wenig Zeit und Geld in die Struktur seiner Finanz- und Lohnbuchhaltung investiert, bekommt ein hervorragendes Steuerungsinstrument für sein Unternehmen. Die Verbindung der Zahlen aus der Buchhaltung mit den Zahlen aus den Shop- und Trackingsystemen erlaubt dem Unternehmer, sein Geschäft jederzeit im Blick zu haben. Der Aufwand ist insgesamt gering, der Nutzen unglaublich groß. Wer seine Buchhaltung als Informationslieferant ansieht, entdeckt dort neben muffigen Akten, nervigen Fristen und viel zu vielen Zahlen auch noch wahre Informationsschätze. Jeder eCommerce-Unternehmer hat die Ergebnis- oder Profitabilitätsrechnung bereits in seiner Buchhaltung integriert, er muss sie nur „sichtbar“ machen. Und dazu braucht man nicht mal teure Tools, sondern nur entschlossenes Nachfragen und keine Angst vor dem DATEV-Gespenst, kurz: einen beherzten und findigen Unternehmer.
Spezialisten sind gefragt
Online-Händler verlassen sich bei buchhalterischen Themen i.d.R. auf ihren Steuerberater. Diese betreuen aber im Normalfall neben dem Online-Händler auch den Architekten, den Handwerker oder die Metzgerei. Unter Steuerberatern gibt es kaum Spezialisten für E-Commerce-Unternehmen. Es braucht jedoch Spezialisten, die die Unternehmensprozesse eines eCommerce Unternehmens und deren Profitabilitäts-Kennzahlen beherrschen müssen, damit wirklich die richtigen Strategien umgesetzt werden können. Wie so oft im Leben ist die Technik trivial, aber die Umsetzung ist das Entscheidende. Und wer gäbe schon gerne zu, dass er keine entsprechende Kompetenz hat.
Also: Genau überlegen und nachfragen, wer der richtige Berater sein könnte. Nicht allein auf den Steuerberater setzen, sondern Spezialisten hinzuziehen. Das kostet viel weniger Zeit und Geld als man denkt. Allerdings muss man die meisten Steuerberater in Schutz nehmen. Ob sie den Umsatz auf 4400 oder 4401 buchen, alle Werbeausgaben auf Werbung buchen oder Unterkonten für SEM oder SEO bilden, das ist letztlich egal. Das Finanzamt erhält die richtigen Angaben und unter dem Strich stimmt das Ergebnis.
Die vollständige Ausgabe mit allen Artikeln, kann hier kostenlos als PDF-Datei heruntergeladen werden.
Bitte beachten: Der Original-Artikel im Magazin, enthält möglicherweise hilfreiche Grafiken, Abbildungen oder Charts, die hier nicht dargestellt werden.
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